Ghade Kachor – Cafétreff für Menschen aus Syrien
mit Nachhilfeangebot für Kinder
Oktober – Dezember 2016 | Kulturwerkstatt Grüne Villa | Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Kultureller Austausch, Bildungsangebot
Fördersumme: 1448 Euro
Beschreibung
Die Initiative Gade Kachor, bestehend aus drei Menschen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrungen aus Syrien, hat zum Ziel, Menschen mit Fluchterfahrung einen regelmäßigen Treffpunkt zu ermöglichen, den Austausch mit Anwohner*innen zu fördern sowie auf besondere Bedarfe von Menschen, die nach Deutschland immigriert sind einzugehen. Dazu gehört die Förderung der schulischen Bildung (Nachhilfeunterricht in naturwissenschaftlichen Fächern) sowie Veranstaltungen, die transkulturelle Begegnungen schaffen und einen Austausch über verschiedene kulturelle Hintergründe erlauben. Darüber hinaus bietet die Initiative Beratungsangebote an, um Menschen mit Fluchterfahrung dabei zu unterstützen, sich in Deutschland zurecht zu finden.
Insbesondere in Halle Neustadt wohnen viele Menschen, v.a. auch aus dem arabisch sprechenden Raum, die aufgrund von Flucht vor Krieg und Vertreibung nach Deutschland gekommen sind. Da Halle Neustadt entgegen seiner hohen Einwohnerzahl (ca. 48.000) nur wenige sozio-kulturelle Treffpunkte hat, fehlt es an Möglichkeiten miteinander in Austausch zu kommen und sich zu begegnen. Dies betrifft sowohl die Menschen mit Fluchterfahrung unter sich als auch Begegnungen mit der Aufnahmegesellschaft. Besondere Bedarfe der Beratung und Förderung benötigen zudem Zeiten und Räume, wo diese stattfinden können.
Bei den Treffs können sich Menschen aus Syrien und anderen Ländern treffen, austauschen und miteinander ins Gespräch kommen. Genauso findet eine Begegnung mit Menschen aus dem sozialen Nahraum/der Nachbarschaft statt. Innerhalb der Cafetreffen gibt es Beratungsangebote zu Fragen wie: Wie finde ich Arbeit; welchen Schulabschluss kann ich machen bzw. Anerkennung von Schul/Ausbildungsabschlüssen oder Arbeitserfahrung; wie funktionieren Behördengänge; welche Möglichkeiten gibt es besser Deutsch lernen zu können?
Erfahrungen zeigen, dass Bildung bei immigrierten Menschen und Jugendlichen einen hohen Stellenwert hat. Im Schulunterricht kann allerdings der Schwerpunkt erst mal nur auf das Erlernen der deutschen Sprache gelegt werden. Auf Grund dessen ergeben sich Lücken für die Jugendlichen in Unterrichtsfächern u.a. der Naturwissenschaften. Eine Ergänzung zur schulischen Ausbildung möchte die Gade Kachor Initiative mit Nachhilfeunterricht in arabischer und deutscher Sprache in den Fächern Mathe und Physik leisten. Hier werden Berührungspunkte zwischen Kindern mit und ohne Fluchterfahrung geschaffen, die gemeinschaftlich an den naturwissenschaftlichen Aufgaben unter Anleitung arbeiten werden.
Sachbericht
Von Oktober bis Dezember 2016 wurden durch die Initiative Gade Kachor in den Räumlichkeiten der Kulturwerkstatt Grüne Villa acht Mal Nachhilfeunterricht mit anschließendem Cafétreffen durchgeführt. Davon fanden drei Veranstaltungen im Oktober, drei im November und zwei im Dezember statt. Zusätzlich gab es im Dezember eine feierliche Abendveranstaltung, mit Verköstigung und einem kulturellem Rahmenprogramm.
Am Nachhilfeunterricht nahmen Jugendliche im Alter zwischen 15 und 26 Jahre teil. Hierzu gehörten junge Menschen, die sowohl zur Schule gehen oder schon in Ausbildung sind oder eine beginnen wollten. Für alle Teilnehmer*innen gab es den Bedarf an Kenntnissen von Mathematik und Physik. Das betraf Schüler*innen, die durch die sprachlichen Hürden im deutschsprachigen Unterricht nicht alle Inhalte verfolgen konnten und Auszubildende, die für ihre Berufswahl besondere Kenntnisse benötigten. Darüber hinaus fand ein Austausch der Studierenden·im Kurs statt. Hier wurden Anforderungen in der beruflichen Ausbildung sowie das Leben in Deutschland allgemein angesprochen. Im Rahmen des Nachhilfeunterrichts wurden auch Begriffe aus dem Bereich der Mathematik und Physik ins Deutsche übersetzt. Dies ermöglichte den Studierenden einen Anknüpfungspunkt an den regulären Unterricht in der deutschsprachigen Schule.
Im Cafétreff wurden die Menschen aus der Nachbarschaft eingeladen, um einen Austausch zwischen Personen, die neu nach Halle Neustadt aus anderen Ländern zugezogen sind und Menschen, die schon lange in Halle Neustadt wohnen herzustellen. Eingeladen waren insbesondere Familien. Es fand eine Betreuung der Kinder statt und die Erwachsenen konnten bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch kommen. Die Integration, Deutschkenntnisse, die Ausbildung, Arbeitsstellen und Studium in Deutschland waren die wichtigsten Themen, über die die Eingeladen gesprochen haben. Damit konnte ein guter Austausch zwischen neu dazu Gekommenen und Alteingessenen hergestellt werden, mit der Möglichkeit sich über Gewohnheiten und das Leben in Deutschland sowie Zukunftsperspektiven zu informieren.
Der informelle Austausch im Rahmen von Begegnungen hat eine andere Qualität für die Zielgruppe als reine Beratungsstellen. Neben der Unterstützung bei der Lebensgestaltung fand auch ein Austausch und eine gelungene Inklusion zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft statt. Kontakte, wurden über die Treffen hinaus aufrechterhalten und zudem ein Gefühl von Akzeptanz aufgebaut, Zudem wurden Schritte unternommen, Vorurteile und Annahmen über fremde kulturelle Hintergründe zu überprüfen und zu korrigieren.
Bei der Abendveranstaltung wurden die Menschen aus dem Cafétreffen, dem Nachhilfeunterricht und deren Familien sowie die Leute aus Nachbarschaft eingeladen . Es gab ein Kinderprogramm mit Puppentheater und Bastelstraße, gemeinsames Kochen und Essen sowie ein kulturelles Rahmenprogramm mit Musik. Die feierliche Abendveranstaltung wurde von den Teilnehmer*innen des Cafés und der Nachhilfe gemeinsam organisiert und durchgeführt.
Fazit
Das Projekt Gade Kachor konnte seine Ziele erreichen und einen guten Beitrag im Stadtteil zur Inklusion von Menschen mit unterschiedlichen Herkunftsländern leisten. Viele Aktivitäten und Vorhaben sind aus dem Projektzeitraum entstanden. Dazu gehört der Ausbau von Austauschmöglichkeiten, die Zusammenarbeit mit Migrant*innenselbstorganisationen und Einzelpersonen. Es wurden Unterstützungsangebote bei der Suche nach Praktika und Ausbildungsmöglichkeiten durch die Initiative bereitgestellt. Das Projekt hat den Bedarf an Austausch und Wissensvermittlung für Menschen, die neu nach Deutschland gekommen sind, bestätigt.
Weiterhin hat es gezeigt, dass viele Jugendliche Schwierigkeiten haben, naturwissenschaftliche Fächer in deutscher Sprache zu lernen, da die Sprachbarriere anfangs noch sehr hoch ist. Dies ist besonders bei Auszubildenden ein Problem. Durch die arabische Nachhilfe werden die Jugendlichen aufgrund der Bildung in ihrer Heimatsprache im eigenen Selbstbewusstsein gestärkt. Damit wird auch eine Brücke von der Fachsprache zu Deutsch geschlagen.
Viele Ausbildungsgänge haben darüber hinaus nur wenige Ressourcen auf fehlende Sprachkenntnisse einzugehen. Die Lernbereitschaft und der Wunsch, die eigene Ausbildung und Sprachkenntnisse voranzutreiben, wurden hier gut unterstützt und begleitet. Darüber hinaus ist der Bedarf an Austausch und gemeinsamen Aktivitäten, wie sie auch durch die durchgeführten kulturellen Aktivitäten geschaffen wurden, groß. Medien wie Theater und Musik schafften es zudem Menschen auch über die Sprache hinaus zusammenzubringen.